Aktuelles aus dem Jahr 2006
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Katastropheneinsatz im Mariazellerland |
Pressemeldungen:
12.02.2006 , 13.02.2006 , 14.02.2006
, 15.02.2006
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Das Mariazellerland,
bestehend aus den Gemeinden Mariazell, Gußwerk, Halltal und St.
Sebastian, hatte diesen Winter die stärksten Schneefälle seit dem Jahr
1943 zu bewältigen. Insgesamt fielen seit November 9,6 Meter Schnee,
davon rund zwei Meter in der Woche auf den 9. Februar. Nachdem
bereits zwei Wochen zuvor das Dach des Mariazeller Rathauses
deutlich geringeren Schneefällen nicht standhalten konnte (siehe Bericht
im Blaulicht 2/2006), wurde befürchtet, dass hunderte Gebäude durch die
Schneelast einstürzen könnten. Dies führte zu einem der größten Einsätze
in der Steiermark in der Nachkriegszeit, bei dem vom 9. bis 16.
Februar 2006 von 8.022 Einsatzkräften 128.352 Stunden geleistet wurden.
Insgesamt
wurden 950 Objekte vom Schnee befreit. Die von den Einsatzkräften
abgeschaufelten Schneemassen würden ein Fußballfeld 27 Meter hoch
bedecken.
Der Einsatz –
eine Chronologie
Donnerstag,
9. Februar 2006
Am 9. Februar
wurden die Feuerwehren des Abschnittes Mariazell (FF Mariazell, FF
Gußwerk, FF Gollrad, FF Weichselboden) aufgrund starker Schneefälle
alarmiert: Einige exponierte Gebäude mussten vom Schnee befreit werden.
Was zu dieser Zeit noch ein normaler Einsatz zu sein schien, wie er in
der Region in jedem Winter mehrmals zu bewältigen ist, entwickelte es
sich in der Folge jedoch komplett anders.
Freitag, 10. Februar 2006
In
der Nacht von 9. auf 10. Februar 2006 spitzte sich die Situation
dramatisch zu. Über ein Meter Neuschnee war auf die bereits von den
Vortagen vorhandene dicke Schneedecke gefallen, der
Schnee war teilweise am Dach angefroren und zu kompakten Massen geformt.
Die
gesamte Region befand sich im Ausnahmezustand, auf jedes im Einsatz
befindliche Feuerwehrmitglied kamen mehrere Häuser, die potenziell vom
Einsturz bedroht waren.
In Abstimmung mit
den örtlichen Bürgermeistern, der Bezirkshauptmannschaft Bruck/Mur sowie
dem Landesfeuerwehr- und dem Bezirksfeuerwehrkommandanten wurde deshalb
am 10. Februar 2006 um 9.40 Uhr Bezirksalarm ausgelöst. 165 Mann des
Bezirkes
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Bruck/Mur sowie eine
Einheit des Österreichischen Bundesheeres unterstützten die örtlichen
Kräfte bei dringend notwendigen Sofortmaßnahmen bei besonders
gefährdenden Objekten. Bis zum Ende des Tages war jedoch kein Ende des
Einsatzes in Sicht. Eher das Gegenteil war der Fall. Die Stärke der
Schneefälle nahm noch zu. |
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Samstag, 11.
Februar 2006
Am 11.
Februar wurde von den Behörden aufgrund der sich immer ausweitenden
Einsatztätigkeiten der Katastrophenzustand ausgerufen. Obwohl die
örtlichen Feuerwehren und die
FuB/KHD des Bezirkes Bruck/Mur bereits seit den Morgenstunden im Einsatz
waren, wurde rasch klar, dass mit den eigenen Kräften des Bezirkes die
Lage nicht mehr bewältigt werden konnte. Aus diesem Grund wurden weitere
FuB-Einheiten (Graz-Umgebung und Leoben) alarmiert.
Zusätzlich
war auch das Bundesheer mit Einheiten aus St. Michael und Leibnitz sowie
das Militärkommando Steiermark im Einsatz.
Die Arbeiten auf den Dächern gestalteten sich als äußerst schwierig und
gefährlich. Die Bergrettung sowie die Alpinpolizei und Flug- und
Höhenretter der Feuerwehr unterstützten die Einsatzkräfte bei der
Sicherung, um Abstürzen und Verletzungen vorzubeugen.
Zusätzlich waren laufend fünf bis sieben Statiker
im Einsatzgebiet unterwegs. Ihre Aufgabe war es – auf Basis der
eingehenden Notrufe der Bevölkerung
– die Gebäude zu begutachten und entsprechend der Einsturzgefahr sowie
sonstiger Gefährdungspotenziale zu priorisieren. Je nach Gefährdung
wurde jedem Gebäude eine Kategorie zugewiesen (A:
sofort vom Schnee befreien, Einsturzgefahr;
B:
Schneelast bereits bedenklich, jedoch keine direkte Einsturzgefahr;
C:
Schneelast nicht bedrohlich),
und diese nacheinander von den Einsatzkräften abgearbeitet.
Am Samstag übernahm
auch die Gesamteinsatzleitung Mariazell, bestehend aus der Behörde (Land
Steiermark, Bezirkshauptmannschaft Bruck/Mur, Exekutive), den
Bürgermeistern sowie Mitarbeitern der umliegenden Gemeinden, dem
Landesbranddirektor, dem Bezirksfeuerwehrkommando, dem FuB-Stab sowie
Vertretern des ÖRK, des Bundesheers, der Bergrettung und dem KIT-Team
des Landes, die Koordination der Einsatztätigkeiten.
Um
11.30 Uhr musste die Basilika aufgrund eines Statikergutachtens für die
Gläubigen gesperrt werden. Dies hatte zur Folge, dass aufgrund des
enormen Echos der Medien aus ganz Österreich der Pressedienst der
FuB-Bereitschaft zugleich Pressestelle der behördlichen Einsatzleitung
wurde. Die Unterbringung erfolgte räumlich von der Einsatzleitung
getrennt in einem benachbarten Museum. Gegen Abend konnte die Sperre der
Basilika, nachdem das Dach von Einsatzkräften geräumt wurde, wieder
aufgehoben werden. |
Sonntag, 12.
Februar 2006
Bereits um
5.00 Uhr früh wurden von der Einsatzleitung die Tätigkeiten für
bevorstehenden Tag erhoben und priorisiert, so dass den eintreffenden
Einsatzkräften ihre Aufgaben ohne Zeitverlust zugewiesen werden konnten.
Neben den Feuerwehren aus dem Bezirk Bruck waren auch noch FuB-Einheiten
aus den Bezirken Hartberg, Graz-Umgebung, Knittelfeld und Weiz sowie
Einsatzkräfte der BF Graz und der Feuerwehrschule anwesend. Die Arbeit
der letzten Tage setzte sich unvermindert fort.
Montag, 13. Februar 2006
Wie auch in den letzten Tagen besteht die Hauptaufgabe der Einsatzkräfte
darin den Schnee von den Dächern zu räumen. Über 550 Gebäude konnten
seit Freitag bereits vom Schnee befreit werden, rund 400 standen noch
bevor. Feuerwehren aus neun steirischen Bezirken und aus dem Burgenland
sowie von der Feuerwehrschule waren im Einsatz, die Einheiten des
Bundesheeres wurden durch das Militärkommando Niederösterreich sowie der
FLA Zeltweg und Aigen verstärkt.
Aufgrund der Schneefälle blieben in Mariazell auch die Schulen gesperrt.
Einerseits wurde das Bundesheer in der Schule untergebracht,
andererseits hätte der Weg zur Schule – durch den mit den
Einsatztätigkeiten verbundenen Fahrzeugverkehr sowie die Schneemassen
auf den Dächern – eine zusätzliche Gefahr für die SchülerInnen bedeutet.
Für Mitte der Woche wurde Tauwetter vorhergesagt, was zu einer
teilweisen Schneeschmelze und damit zu einer weiteren Erhöhung des
Gewichtes führen würde. Es war deshalb notwendig, dass die
Einsatzmaßnahmen bis dorthin abgeschlossen werden. |
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Dienstag, 14.
Februar 2006
Der sechste Tag der Einsatzmaßnahmen. Wieder waren eine Vielzahl von
Einsatzkräften im Einsatz: Feuerwehren aus zehn steirischen Bezirken
sowie von der Feuerwehrschule, das Bundesheer, die Bergrettung und das
Rote Kreuz.
Mittwoch, 15. Februar 2006
Tag 7 der Einsatztätigkeiten. Neben Kräften aus vier steirischen
Bezirken waren auch Mannschaften der BF Wien eingesetzt.
Donnerstag, 16. Februar 2006
An
diesem Tag wurde der Einsatz abgeschlossen.
Am Donnerstagabend
konnte der Katastrophenzustand im Raum Mariazell aufgehoben werden. |
Übersicht
über die Einsatzkräfte


Vom 9. bis
16. Februar 2006 wurden von 8.022 Einsatzkräften insgesamt 128.352
Stunden geleistet.
Durch diesen
außergewöhnlichen Großeinsatz von Feuerwehren aus dem Land Steiermark,
dem Burgenland, der Berufsfeuerwehren Graz und Wien, der
Feuerwehrschule, der Bergrettung, der Alpinpolizei, des ÖRK, der
Exekutive, der Straßenmeisterei, des Bundesheeres und der vielen
Fremdfirmen konnte letztlich enormer Schaden und persönliches Leid
verhindert werden. Die große Anzahl von Feuerwehrkräften wurde durch die
hervorragende Unterstützung von Herrn Landesbranddirektor Franz
Hauptmann aktiviert, der sich mehrmals direkt vor Ort über das
Einsatzgeschehen informiert hat. Leider wurden beim Einsatz ein
Feuerwehrmann und zwei Bundesheersoldaten leicht verletzt.
Insgesamt wurden 950 Objekte vom Schnee befreit. Die von den
Einsatzkräften abgeschaufelten Schneemassen würden (laut den Statikern)
ein Fußballfeld 27 Meter hoch bedecken. |

Fazit und
Erkenntnisse
Die Zusammenarbeit
aller Einsatzkräfte (Feuerwehr, Bundesheer, Rotes Kreuz, Bergrettung)
mit der behördlichen Einsatzleitung und den örtlichen Bürgermeistern
funktionierte ausgezeichnet. Alle Maßnahmen wurden untereinander ständig
abgestimmt sowie eine laufende gegenseitige Information über die
Aktivitäten vorgenommen. Während der sechs Tage, in denen häufig mit
wenig Schlaf und großem Zeitdruck gearbeitet wurde, sind keine
Unstimmigkeiten und Probleme aufgetreten. Das Zusammenspiel aller Kräfte
funktionierte beispielgebend!
Die Gesamteinsatzleitung war im Rüsthaus der Feuerwehr Mariazell
untergebracht. Dies war einerseits von der Lage her (zentral im
Ortsgebiet) sowie von der Kommunikationsanbindung sehr positiv,
andererseits jedoch durch die hohe Anzahl an Personen aufgrund der
Vielzahl an beteiligten Einsatzorganisationen, Behörden und Gemeinden,
aus Platzgründen sehr problematisch. |
Durch den massiven
Einsatz von Einsatzkräften konnte großer Schaden und Leid in der
Bevölkerung verhindert werden. Bei großflächigen Einsätzen mit hunderten
von Schadensstellen ist es immens wichtig große Personalreserven in der
Hinterhand zu haben.
In den ersten Tagen standen zu wenige Aufstiegshilfen (Hubgeräte, Kräne,
Leitern) zur Verfügung. Auch Lader und Lkw zum Abtransport der
Schneemengen mussten nachgeordert werden. Zur Lösung des Problems wurden
Spezialgeräte aus anderen Bezirken sowie Fremdfirmen mit Kränen,
Hubgeräten und Lkws aus dem gesamten Bezirk angefordert, so dass ab
Montag keine Engpässe mehr aufgetreten sind.
Die Sicherung der Einsatzkräfte am Dach hatte absoluten Vorrang. Der
Einsatz der Bergrettung und Alpinpolizei sowie der Höhenretter und
Flughelfer der Feuerwehren sorgten dafür, dass jedes Feuerwehrmitglied
gesichert wurde. Durch diese gewissenhaften Vorsichtsmaßnahmen kam es zu
keinen ernsten Verletzungen während des Einsatzes, was für die gute
Ausbildung und Absicherung der Einsatzkräfte spricht.
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Wie sich relativ rasch herausstellte, war für die Einsatzkräfte zuwenig
Sicherungsgeschirr vorhanden. Dies wurde von der Abteilung für
Landesverteidigung und Katastrophenschutz, Herrn Hofrat Dr. Kalcher,
sofort nachgeordert.
Für die ärztliche Versorgung und Vorsorge waren stets Notarztteams und
Rettungswagen verfügbar. Auch die Spitäler Mariazell und Bruck waren in
Alarmbereitschaft versetzt worden um sofort einsatzbereit zu sein,
sollte es zu Unfällen kommen.
Die Bundesstraßenverwaltung hatte von der Bezirkshauptmannschaft den
Auftrag die Straße vom Seeberg nach Mariazell permanent zu räumen. Nur
durch diese intensiven Tätigkeiten konnte die große Anzahl von
Einsatzfahrzeugen aus dem gesamten Bundesland, dem Burgenland und Wien,
relativ ungehindert anfahren.
Durch
eine umfassende Öffentlichkeitsarbeit wurden die regionalen sowie
überregionalen Medien von Seiten der Feuerwehr informiert. Täglich
wurden zwei (mit der behördlichen Einsatzleitung abgestimmte)
Pressemeldungen per Fax sowie per Email (inkl. Fotos) übermittelt und so
stets ein aktueller Stand des Einsatzgeschehens vermittelt, sowie die
Kontaktdaten des jeweiligen Ansprechpartners an die Medien
weitergegeben.
Aufgrund der
Rückmeldungen der Statiker konnte in Zusammenarbeit mit den Gemeinden
sowie ortskundigen Feuerwehrmitgliedern eine Prioritätenliste der
Gebäude erstellt werden. Dadurch konnten vom FuB-Stab laufend
Arbeitsaufträge mit Detailangaben erstellt und den Feuerwehren
zugewiesen werden.
Für die an Mariazell angrenzenden Gemeinden Gußwerk, St. Sebastian und
Halltal wurden Sammelaufträge für die FuB-Bereitschaften ausgestellt.
Diese wurden dann dezentral in Zusammenarbeit mit den Verantwortlichen
der jeweiligen Gemeinden besprochen und selbstständig abgearbeitet.
Ein Mitarbeiter wurde eingeteilt, der sich ausschließlich um die
Verfügbarkeit und Einteilung der Kräne, Hebebühnen und sonstige
Aufstiegshilfen von Fremdfirmen kümmerte, um hier einen optimalen Ablauf
gewährleisten zu können.
Bei diesem Einsatz hat sich gezeigt, wie wichtig ein hundertprozentig
funktionierender Stab der FuB/KHD ist. Die gesamte Auftragskoordination
lief ausschließlich über den Stab, von den Mitarbeitern wurde
ausgezeichnete Arbeit geleistet. Die Besetzung der einzelnen Funktionen
konnte im Wechseldienst (pro Stabsfunktion sind drei bis vier
Feuerwehrmitglieder vorgesehen) abgewickelt werden. Künftig ist auch
verstärkt darauf zu achten, dass hier vorwiegend Mitarbeiter vorgesehen
sind, die problemlos dienstfrei bekommen. Auch das KIT-Team des Landes
Steiermark hatte in einigen Fällen unterstützend eingegriffen und
Unannehmlichkeiten von den Einsatzkräften ferngehalten. |
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